Fehlende Aufrichtigkeit im Umgang mit dem Baumfrevel an der Villa Remeis
Rückblick: Eine herrliche fränkische Kulisse, der Blick über Bamberg, eine Streuobstwiese auf der eine Schafherde weidet und mittendrin Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke, Schäfer Anton König, Agrarministerin Michaela Kaniber und Umweltminister Thorsten Glauber. Das Bild wurde zum Startschuss des „Bayerischen Streuobstpaktes“ am 16.5.2022 auf den Streuobstwiesen unterhalb der Villa Remeis in Bamberg aufgenommen. Heute - ein Baumfriedhof!
Denn am 21. und 22. Oktober 2025 wurden an den Streuobstwiesen um die Villa Remeis mindestens 37 Obstbäume auf ca. 2 m Höhe gekappt. Die Baumrümpfe blieben stehen. Es handelte sich fast durchgehend um ökologisch sehr wertvolle Biotopbäume mit ausgeprägten Lebensraumstrukturen für seltene Tierarten. Zu diesen Strukturen gehören die über 100 Baumhöhlen (!), viele Bereiche mit Mulm (fein zersetztem Holz), Totholz und Strukturen für Fledermausquartiere.
Andreas Märtlbauer vom LBV betont die herausragende Bedeutung der Fläche als Vogelbiotop: „Höhlenbrüter wie Garten- und Hausrotschwanz, Kleiber, Kohl- und Blaumeisen, Bunt-, Grün-, Grau- und Mittelspecht fanden gerade in den alten Obstbäumen mit ihren zahlreichen Baum- und Asthöhlen ausgezeichnete Nistmöglichkeiten. Außerdem konnten Distelfink, Kernbeißer, Gartenbaumläufer, Mönchsgrasmücke und Schwanzmeise neben vielen weiteren Vogelarten regelmäßig beobachtet werden. Auch der stark gefährdete Wendehals konnte auf dieser einstigen Streuobstoase neben guten Brutplätzen auch einen mit Insekten reich gedeckten Tisch finden.“
Alarmiert durch Anwohner hatten sich nach der Fällaktion BN und LBV ein Bild der Lage vor Ort gemacht. Daraufhin wurde die Presse über den Vorfall informiert sowie Anfragen an die Stadt und die Bürgerspitalstiftung als Eigentümerin der Fläche gestellt. Darüber hinaus dokumentierten die Naturschutzverbände die vorgenommenen Fällungen mitsamt den vielen Habitatstrukturen.
Der BN zeigte den Vorfall auch bei der Polizei an. Dazu Erich Spranger vom BN: „Mit der Fällaktion wurde offensichtlich gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände des Bundesnaturschutzgesetzes verstoßen. Dieses verbietet die Zerstörung von Lebensstätten seltener Arten.“
Direkt nach der Kritik an den Baumzerstörungen, die im Auftrag der Bürgerspitalstiftung durchgeführt wurden, reagierte die Stadt am 29.10. mit einer Pressemitteilung. Darin wird geschrieben, dass nach gründlicher Untersuchung eine sehr erfahrene Fachfirma für die Baumfällungen eingesetzt wurde. Die Umweltverbände betonen, dass dies nicht den Tatsachen entspricht. Denn für Voruntersuchungen hätte unbedingt das Umweltamt einbezogen werden müssen. Das geschah jedoch nicht. Auch die Baumpfleger vom Bamberg Service waren nicht mit der Sache betraut. Die Firma war auch keine erfahrene Fachfirma, sondern ein Hausmeisterservice. Offensichtlich wurden die Obstbäume auf so unfachgerechte Weise zugerichtet und die Baumrümpfe stehen gelassen, weil man sie noch mit schwerem Gerät mitsamt den Wurzeln roden wollte.
Weiterhin wird in der Pressemitteilung von der Stadt mit der Verkehrssicherungspflicht argumentiert. Es wird aufgeführt, dass sich regelmäßig Kinder auf der Fläche aufhalten und auch in den Bäumen klettern. Auch diese beiden Argumente entsprechen nicht den Tatsachen. Denn zum einen kann die Aussage mit den Kindern weder von mehreren Anwohnern, noch von den Umweltverbänden bestätigt werden.
Zum anderen ist das Thema Verkehrssicherungspflicht kein Grund um 37 Biotopbäume abzurasieren. BN-Baumexperte Christopher Busch ordnet den Sachverhalt ein: „Auf einer Streuobstwiese gibt es in der Regel keine Verkehrssicherungspflicht. Auf den Flächen der Bürgerspitalstiftung ist das Ernten für Bürger verboten, somit wird kein Personenverkehr unter den Bäumen eröffnet. Bei städtischen Bäumen, die an Wegen stehen, wird die Verkehrssicherheit durch ausgebildete Baumkontrolleure bewertet und gegebenenfalls Pflegemaßnahmen durchgeführt. Wenn Lebensstätten wild lebender Tiere betroffen sind, hätten die Maßnahmen mit dem Umweltamt abgestimmt werden müssen, was nicht geschah.“ Busch zieht als Resümee: „Es wäre leicht möglich gewesen, einen Großteil der Obstbäume an der Villa Remeis mit ihren wertvollen Lebensräumen mit geringem Arbeitsaufwand durch fachgerechte Pflege zu erhalten und dabei den Aspekten Sicherheit, Nutzung und Artenschutz gerecht zu werden.“










