Keine Kuh auf der Weide - Landwirtschaft kämpft mit der Trockenheit.
Normalerweise grasen zu dieser Zeit zufriedene Mutterkühe mit ihren Kälbern auf saftigen Wiesen rund um den Naturlandhof von Otto und Irene Weiß. Doch Leere herrscht auf den Weiden, die gar nicht so saftig sind. Die Rinder müssen noch länger im Stall ausharren, denn auf den Wiesen fehlt das Futter. Seit nahezu sieben Wochen hat es so gut wie gar nicht geregnet. Gräser und Kräuter sind auf den Weideflächen kaum gewachsen, so dass die Tiere hier nicht genug zu fressen hätten.
„Es ist sehr traurig mit anzusehen. Du bereitest alles vor, bringst Mist als Dünger aus, bearbeitest den Boden, säst an und dann herrscht Stillstand auf den Feldern, weil es nicht regnet“, sorgt sich Otto Weiß. Nicht nur das Futter auf den Wiesen wächst nicht nach, auch das Getreide steht nur schwach auf den Äckern, teilweise liegen die Körner der Braugerste trocken im Boden und keimen nicht. „Wenn es in den nächsten ein bis zwei Wochen nicht regnet, dann wird es richtig bitter“, so der Ökolandwirt.
Zum globalen Klimaaktionstag der FridaysforFuture-Bewegung am Freitag, 24. April machte der BUND Naturschutz (BN) Bamberg bei einem Vorort-Termin gemeinsam mit dem Naturlandhof auf die Folgen der Klimakrise für die Landwirtschaft aufmerksam und forderte von der Politik ein entschiedenes Handeln für den Klimaschutz.
Otto Weiß, der auch Vorsitzender des Wasserzweckverbands auf dem Jura ist, geht davon aus, dass aufgrund des Klimawandels langanhaltende Trockenphasen in Franken eher der Normalzustand werden und sich die Landwirtschaft darauf einstellen muss. Heuer sei zwar im Februar überdurchschnittlich viel Regen gefallen, aber das reiche nicht, um die Trockenheit in den tieferen Bodenschichten auszugleichen. Zudem sei gerade jetzt im Frühjahr der Regen extrem wichtig, damit die Saaten aufgehen und der ausgebrachte organische Dünger sich zersetzen kann und so erst den Pflanzen als Nahrung zur Verfügung steht. Wenn der Regen weiter ausbleibt, dann werde es schwierig, die Tiere zu ernähren und auch die Erträge bei den typischen Getreidesorten der Region würden sinken.
Die Daten der Wetterstation Bamberg bestätigen die Beobachtungen in Laibarös. Seit dem 10. März fiel kein nennenswerter Niederschlag mehr. Die trockene Phase hält mittlerweile schon fast 7 Wochen an und Regen ist weiterhin nicht in Sicht. Im Vergleich zur Periode von 1961 bis 1990 fielen in Bamberg im März mit 30 Litern nur 65% und im April bisher mit 7 Litern erst 15% des durchschnittlichen Niederschlags. Auch die Temperaturen der letzten Monate waren extrem. Im Vergleich zur Periode 1961 bis 1990 war der Winter 2019/2020 in Bamberg um satte 3,6 Grad wärmer. Besonders sticht der Februar mit 5 Grad über dem Durchschnitt hervor. Nach Ansicht von Klimaforschern könnte die Ursache für die langen stabilen Wetterlagen ein schwächer werdender Jet-Stream sein. Dieser starke Höhenwind wird als Folge des Klimawandels abgeschwächt. Das könnte weniger Abwechslung beim Wettergeschehen bedeuten, das heißt Hoch- oder auch Tiefdruckgebiete verbleiben länger an einem Ort und ziehen nicht, wie sonst üblich, schnell weiter. Die Folgen können Wetterextreme sein, so zum Beispiel lang anhaltende Trockenheit, wie wir sie in Franken nun schon den dritten Frühling hintereinander erleben.
Otto Weiß versucht sich mit dem Anbau ungewohnter Feldfrüchte wie Hirse oder Linsen, die mit Trockenphasen recht gut klar kommen, auf die Klimaveränderungen einzustellen. Auch mit der Art der Bewirtschaftung lässt sich einiges erreichen, um der Trockenheit zu begegnen. Das wichtigste ist dabei der Humusaufbau und die Förderung des Bodenlebens. Ein humoser Boden kann viel mehr Wasser speichern und trägt außerdem direkt zum Klimaschutz bei, da er Kohlenstoff speichert.
Bei den langfristigen Maßnahmen und Strategien, um gegen die Klimakrise zu steuern, sind sich Erich Spranger, 2. Vorsitzender des BUND Naturschutz Bamberg und Otto Weiß einig. Eine Abkehr der Landwirtschaft von der Produktion für den globalen Markt hin zur Stärkung regionaler Strukturen und Kreisläufe sei notwendig. Das würde Transportwege reduzieren, den energieintensiven Import von Futtermitteln überflüssig machen, Überproduktion und Lebensmittelverschwendung reduzieren. Dies sei aber nur zu erreichen, wenn Gesellschaft, Landwirtschaft und Politik gemeinsam in die gleiche Richtung gehen.
Für die politische Ebene bedeutet das laut Erich Spranger: "Die neue Förderperiode der EU Agrarpolitik muss jetzt genutzt werden, um eine klima-, boden- und wasserschützende Landbewirtschaftung voranzubringen, statt Milliarden Euro nur nach Flächenbesitz zu verteilen." Die Landwirtschaft müsse insgesamt klimaschonend werden. „Der ökologische Landbau zeigt den Weg zu einer klimafreundlichen Landwirtschaft bereits auf. Er verzichtet auf mineralische Düngemittel, die mit hohem Energieaufwand produziert werden. Die Anzahl der Tiere ist an die Fläche gebunden und durch den Humusaufbau wird Kohlenstoff im Boden gespeichert. Das leistet einen positiven Beitrag zum Schutz vor der Erderwärmung“, so Otto Weiß. Enttäuscht zeigten sich die Akteure in diesem Zusammenhang von der bayerischen Politik. Obwohl durch das Volksbegehren „Artenvielfalt“ eine zügige Erhöhung der Bioanbaufläche beschlossen wurde, sei die Staatsregierung nicht willens oder fähig dieses Ziel auch umzusetzen.
Doch nicht nur die Landwirtschaft selbst, die bereits heute die Folgen der Klimakrise direkt spürt, muss klimafreundlicher werden. „Wir brauchen beim Klimaschutz ein ebenso entschiedenes Handeln wie bei der Corona-Krise. Wir müssen viel schneller aus der Kohle aussteigen wie derzeit vorgesehen. Energiesparen und Energieeffizienz muss auf allen Ebenen gesetzlich festgeschrieben werden. Die Erneuerbaren zur Stromerzeugung, insbesondere Windenergie und Photovoltaik, müssen massiv ausgebaut werden, in Bayern und auch in der Region Bamberg“ fasst Christine Hertrich, Geschäftsführerin des BUND Naturschutz Bamberg einige der wichtigsten Forderungen zusammen.
Damit die Rinder von Otto Weiß nun doch bald auf die Weide dürfen, braucht es rasch und kräftig Regen. Darauf haben wir Menschen leider keinen direkten Einfluss. „Doch damit langfristig die Landwirtschaft in der Region Bamberg eine Zukunft hat, müssen Gesellschaft und Politik jetzt zu einer klimafreundlichen Lebens- und Wirtschaftsweise umsteuern. Das haben wir in der Hand“ so Biobauer Otto Weiß.