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Corona-Pandemie und Klima-Krise

Gedanken von Erich Spranger, 2. Vorsitzender des BUND Naturschutz Bamberg, zur aktuellen Situation.

23.03.2020

Nichts ist mehr, wie es einmal war: Die Corona-Pandemie stellt unser Leben gerade grundlegend auf den Kopf. Geschäfte, Schulen, Kitas und Unis sind geschlossen. Es bestehen weitreichende Ausgangsbeschränkungen. Die Zahlen der Infizierten schnellen in die Höhe. Das öffentliche Leben kommt zum Erliegen.


Jetzt kommt es nicht nur auf ein entschlossenes Handeln der Politik, sondern auf jede und jeden Einzelnen von uns an. Wir können diese Krise nur überwinden, wenn wir zusammenhalten und mehr denn je Solidarität zeigen. Jetzt heißt es erstmal: Zusammen allein sein. Um gesund zu bleiben und selbst nicht zur Ansteckungsgefahr für ältere und geschwächte Menschen zu werden. Was wir aber nicht vergessen dürfen: Die Klimakrise macht keine Pause. Wir müssen aus dem aktuellen Umgang mit dem Virus auch für diese Krise lernen.

Vorrang der Wissenschaft auch in der Klimakrise

Zunächst fällt auf, dass bei der Corona-Krise von Anfang an verschiedene Politiker das Primat der Wissenschaft betonten, soll heißen, in Zeiten der Corona-Krise sind die Einschätzungen der Wissenschaft vorrangig und die Politik ist gut beraten, sich an eben diesen Einschätzungen zu orientieren. Dem kann ich nur zustimmen.

Anfangs hat die Politik zu zögerlich Maßnahmen ergriffen. Dies ist erstaunlich, denn die Pandemie brach bereits im Januar in China aus und zeigte sich bereits Ende Februar in Italien mit stark steigenden Fallzahlen. Wir hätten uns besser abgrenzen und vorbereiten können. Aber im Nachhinein ist man immer klüger. Nach dem anfänglichen Zögern scheinen dann etwa ab dem 12. März die Gegenmaßnahmen angemessen gewesen zu sein.

In Bezug auf die Klimakrise ist nun meine Frage: Warum gilt der Vorrang der Wissenschaft um zu vernünftigen Entscheidungen zu kommen nicht bei der Klimakrise? Dies ist erstaunlich. Auch wenn man die schlimmen Folgen der Krisen nicht miteinander vergleichen sollte indem man die Toten gegeneinander aufrechnet, so werden die katastrophalen Folgen der Klimakrise sicherlich die Corona-Krise bei weitem übertreffen. Man denke nur an die Verödung ganzer Landstriche, an Wetterextreme, Mangel an Trinkwasser in vielen Regionen, das Untergehen der Küstenregionen mit vielen Metropolen, an Fluchtbewegungen ungeahnten Ausmaßes.

Warum werden hier die Erkenntnisse aus Natur- und Wirtschaftswissenschaften nicht umgesetzt? Warum schafft es Deutschland nicht seine selbst gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen, geschweige denn das Pariser Klimaschutzabkommen umzusetzen? Warum versagen wir mittlerweile bereits seit drei Jahrzehnten beim Klimaschutz? Warum nicht die gleiche Entschlossenheit beim Handeln wie bei der Corona-Krise?

Ein Grund ist sicherlich, dass die Klimakrise weniger greifbar ist und sich über einen längeren Zeitraum hin erstreckt. So haben zwar besonders die beiden letzten Jahre mit den Ernteeinbußen in der Landwirtschaft und den vertrocknenden Wäldern Eindruck hinterlassen. Aber die persönliche, existentielle Betroffenheit ist weniger stark und die warnenden Klimaextreme geraten auch wieder schnell in Vergessenheit.

Die Klimakrise wird aber auch verdrängt, weil sie grundlegende Korrekturen in unserem Leben und unserer Wirtschaftsweise verlangt. Ein "immer mehr" geht einfach nicht. Wir müssen nachhaltig wirtschaften. Dies passt aber nicht zur Ideologie des ewigen Wachstums, dem die Politik immer noch nachhängt. Vielen einflussreichen Politikern fehlt der Vorstellungshorizont für vernünftiges Handeln in Sachen Klimawandel. Die Politik ist getrieben von Lobbyinteressen und verhaftet in Entwicklungsvorstellungen, die uns schon nahe an den Abgrund gebracht haben.

Exemplarisch sei die rückwärtsgewandte Politik am Ausbau der regenerativen Stromerzeugung veranschaulicht. Der zunächst erfolgreiche Ausbau wurde durch verschiedene unionsgeführte Bundesregierungen abgewürgt. Zunächst die Photovoltaik und dann die Windkraft. Der einzige erkennbare Grund ist, dass man Kohle- und Atomkraftwerke vor Konkurrenz schützen möchte.

Auch auf kommunaler Ebene tut sich die Politik schwer, wirklich entscheidende Maßnahmen umzusetzen. Nicht einmal für die Ausrufung des Klimanotstands konnten sich Stadtrat und Kreistag erwärmen. Offensichtlich wird die Situation immer noch nicht ernst genommen.

Auch auf individueller Ebene sind es bisher nur wenige, die ihr Verhalten und ihre Konsumgewohnheiten überdenken und verändern.

Zurück zur Corona-Krise: diese hat unser gewohntes Leben kräftig durcheinander gewirbelt. Wir werden mit Tod und Krankheit konfrontiert, mit der Anfälligkeit unserer Gesellschaft und vor allem auch mit unserer eigenen Verletzbarkeit.

Vieles in unserer ansonsten sehr schnelllebigen Gesellschaft ist zum Erliegen gekommen. Und so ist es auch für die meisten von uns eine Zeit des Innehaltens und Nachdenkens. Darin liegt auch die Chance zur Neuorientierung:

  • Vielleicht fragen wir uns nach dem Wesentlichen?
  • Vielleicht entsteht daraus eine neue Art des Miteinanders?
  • Vielleicht ändern sich unsere Einstellungen, um im Einklang mit den Ressourcen zu leben, die uns die Erde schenkt?
  • Vielleicht können wir die zugesagten Hilfsmilliarden zumindest zum Teil zum Umbau der Energiewirtschaft und anderer Wirtschaftszweige hin in Richtung Nachhaltigkeit einsetzen?

Lasst uns die Krise als Chance begreifen!