Erfolg nach über 30 Jahren - Die Sandlebensräume am Flugplatz Bamberg werden als Naturschutzgebiet „Breitenau“ ausgewiesen
Bildunterschrift: Kleingewässer auf der Breitenau, ein typischer Laichplatz der Kreuzkröte
Bildnachweis: BN Bamberg
Die ersten Forderungen für ein Naturschutzgebiet am Flugplatz Breitenau reichen bis ins Jahr 1992 zurück. So ist die Freude beim BUND Naturschutz Bamberg und der Naturforschenden Gesellschaft groß, dass es jetzt endlich zur Ausweisung eines Naturschutzgebietes kommt. Dabei ist die besondere naturschutzfachliche Wertigkeit des Flugplatzbereiches als „Hotspot der Artenvielfalt“ schon lange bekannt. Erich Spranger, Vorsitzender des BN Bamberg, ordnet den besonderen Wert ein: „Die Sandlebensräume am Flugplatz sind durch die Vielzahl miteinander verzahnter Biotoptypen sehr vielfältig und überregional bedeutsam. Neben den trockenen, kommen auch feucht-nasse Standorte vor. Die Anzahl an Tier- und Pflanzenarten, auch an seltenen und gefährdeten Arten ist enorm.“
Konkret konnten bei der jüngsten Stadtbiotopkartierung 395 Pflanzenarten festgestellt werden, von denen 71 als gefährdet gelistet sind. Ein absoluter Spitzenwert. Darunter z.B. die in Bamberg meist bekannte, rosa blühende Sand-Grasnelke und das Silbergras. Aber auch verschiedene Tiergruppen zeichnen sich durch hohe Vielfalt aus, so die Vögel (u.a. mit Braunkehlchen und Dorngrasmücke), Fledermäuse, Wildbienen, Libellen, Heuschrecken (z.B. mit der Blauflügeligen Ödlandschrecke) und Amphibien, mit der für den Flugplatz typischen Kreuzkröte.
Die ehemals als Karpfenteich genutzte Fläche wurde zu Beginn des letzten Jahrhunderts in extensives Grünland umgewandelt. Durch Schafbeweidung entstand ein großer, zusammenhängender Sandlebensraum. Es folgte die Nutzung als Exerzierplatz und seit 1912 als Flugplatz mit sowohl militärischer als auch ziviler Nutzung, von 1945 bis 2012 durch die US-Army, seit 2012 nur noch zivil.
Nach den über 30-jährigen Forderungen nach einem Naturschutzgebiet brachte im Jahr 2019 ein Bürgerantrag vom BUND Naturschutz endlich den Durchbruch. Die Stadt setzte sich daraufhin bei der Regierung für die Ausweisung eines Naturschutzgebietes ein. Mit Erfolg. Der Flugplatz wird nun fast in Gänze Naturschutzgebiet, die Grundstücke von Aero-Club und der Firma Brose bleiben ausgeklammert, die flugbetrieblichen Belange bleiben natürlich unberührt.
Spranger gießt jedoch Wasser in den Wein: „Auch wenn die naturschutzfachliche Wertigkeit des Flugplatzes weiterhin herausragend ist, so gab es einige Zerstörungen und Beeinträchtigungen“. Die wiederholte Verbreiterung und Verlängerung der Landebahn und die Erweiterung der Firma Brose bis auf das Flugplatzgelände hinein führte zu empfindlichen Flächenverlusten. Weiterhin müssen durch die Einführung des Instrumentenflugbetriebs die Sicherheitsstreifen entlang der Landebahn stärker gepflegt werden. Dadurch wurden die geschützten Zwergstrauchheiden auf dem Flugplatz größtenteils zerstört. Und schließlich ist es auch der Klimawandel, der sich mit den immer wieder auftretenden längeren Trockenphasen negativ auf die Feuchtbiotope auswirkt.
Die Ausweisung als Naturschutzgebietes ist letztlich ein großer Erfolg für die Natur. Viele Menschen haben sich über die letzten Jahrzehnte dafür engagiert. Zu nennen sind unter anderem die Vorsitzenden des BUND Naturschutz Bamberg der vergangenen Jahre (Dr. Ludwig Trautmann-Popp, Heinz Jung, Martin Bücker, Erich Spranger), Mitglieder des BN Arbeitskreises Arten- und Biotopschutz mit Johannes Först und Gerhard Spörlein, die Naturforschende Gesellschaft mit Dr. Winfried Potrykus und Hermann Bösche und auch der ehemalige Naturschutzbeauftragte der Stadt Bamberg Dr. Jürgen Gerdes.
Mit Zuversicht schaut der BUND Naturschutz weiteren NSG-Ausweisungen von Sandlebensräumen auf dem Stadtgebiet entgegen. So hat sich der Stadtrat bereits für die Unterschutzstellung der sehr wertvollen Flächen auf dem ehemaligen Schießplatz und für die Erweiterung des bereits bestehenden, kleinen NSG auf der ehemaligen Muna Richtung Norden ausgesprochen.
Zeitlinie: Der weite Weg zu einem Naturschutzgebiet Flugplatz Breitenau
(Gerhard Spörlein/Martin Bücker/Erich Spranger)
ab 1900 | Die ehemals als Karpfenteich genutzte Fläche wurde zu Beginn des letzten Jahrhunderts in extensives Grünland umgewandelt. Durch Schafbeweidung entstand der größte zusammenhängende bodensaure Magerrasen-Komplex in der Region. Nutzung als Exerzierplatz. |
1912 | Beginn der Nutzung als Flugplatz auf dem ehemaligen Exerzierplatz; in der Folgesowohl militärische als auch zivile Nutzung |
1945-2012 | Flugplatz unter US-amerikanischer Verwaltung |
1992 | Seit 1992 setzt sich der BN für die Unterschutzstellung des Flugplatzes Breitenau ein. |
1993 | Stadtplanungsamt: Flugplatz Breitenau ist ein„Zentrum der Artenvielfalt“ |
1997 | Ankündigung der Verlängerung derbefestigten Landebahn von 624m auf 948m |
1998 | Antrag desBN Bamberg auf Ausweisung eines Naturschutzgebietes |
Umweltamt: Flugplatzgelände Kramersfeld bayernweit bedeutsamer Lebensraum für Pflanzen und Tiere, einerder wertvollsten Naturräume im Stadtgebiet | |
Anzeige des BN wegeneiner nicht genehmigten Baumaßnahme des Aero-Clubs (Graslandebahn) und der Zerstörung von gesetzlich geschützten Biotopen auf dem Flugplatz; nachträgliche naturschutzfachliche Genehmigung überNacht durch dasUmweltamt | |
Landebahnverlängerung auf 1190mfür Brose-Jet | |
1999 | Anzeige durch Bund Naturschutz wegen des Verdachts auf Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt gegen Mitglieder der Stadtverwaltung; Grund: Widerspruch der Aussagen Gegenfurtners (damaliger Referent der Stadt)zu den Feststellungen des Umweltamtes |
2004 | Weitere Landebahnverlängerung auf 1290m |
2009 | Zusätzliche Forderung der Naturforschenden Gesellschaft Bamberg nach einer NSG-Ausweisung bei der Regierung |
Antwort der Regierung: Aus fachlicher Sicht erfülle dieses Gebiet durchaus die Voraussetzungen für eine Ausweisung als Naturschutzgebiet, neben derfachlichen Wertigkeit sehe man jedoch derzeit keine besondere Dringlichkeit für eine Unterschutzstellung. | |
2012 | Wiederholte Schreiben des BN an die Regierung mit dem Hinweis der Gefährdung des Flugplatzes durch den Wegfall der militärischen Nutzung; Wiederholung der Aufforderung einer NSG-Ausweisung |
Nach rund 100 Jahrenmilitärischer Nutzung nur nochzivile Nutzung | |
2013 | Landebahnverbreiterung auf 23,5m |
2013 | Demonstration verschiedener Verbände und Gruppen für Nachtflugverbot, Beschränkung derFlugfrequenz und Ausweisung des NSG |
2014-2016 | Abriss und Neubau vonVereinsgebäude, Tower und großer Flugzeughalle |
2015 | Aufkauf des Großteils der Flugplatzfläche von der BIMA durch die Stadt |
2017 | Ausweitung der Zulassung für Flugzeuge bis 10t Gewicht |
2019 | Der Geltungsbereiches des Bebauungsplans fürdie Brose-Erweiterung reicht über den Seebach hinweg in wertvolle Biotope auf das Flugplatzgelände hinein |
VomBund Naturschutz initiierter Bürgerantrag zur Ausweisung eines NSG wirdmit 1400 Unterschriften an die Stadtübergeben | |
Der Instrumentenflugbetrieb wird genehmigt, so dass auch bei schlechten Sichtverhältnissen gestartet und gelandet werden kann. Dafür mussder Sicherheitsstreifen entlang der Landebahn beidseitig auf 75m erweitert und regelmäßig gemäht werden. Dadurch wurden die geschützten Zwergstrauchheiden auf dem Flugplatz größtenteils zerstört. | |
Der Bürgerantrag wird am 27.11. im Stadtrat behandelt und leicht verändert angenommen: Der Stadtrat empfiehlt der Regierung von Oberfranken, ein Verfahren zur Ausweisung einesNaturschutzgebietes einzuleiten. | |
2024 | Die Regierung von Oberfranken führt das Unterschutzstellungs-Verfahren mit Verordnungsentwurf, Karte und Schutzwürdigkeitsgutachten für das NSG „Breitenau“ durch. |
2025 | Was lange währt wird endlich einigermaßen gut: Das NSG „Breitenau“ wird rechtskräftig ausgewiesen bzw. soll ausgewiesen werden. Die naturschutzfachliche Wertigkeit des Flugplatzgeländes ist weiterhin herausragend. Allerdings hat die Wertigkeit durch die wiederholte Verlängerung und Verbreiterung der Landebahn sowie durch die stärker gepflegten Sicherheitsstreifen entlang der Landebahn deutlich an Wert eingebüßt. Auch der Klimawandel mit den immer wieder auftretenden längeren Trockenphasen wirkt sich negativ auf die Feuchtbiotope aus. |