Hitze-Messmarathon
Am bis zum Messtag heißesten Tag des Jahres 2019 hat die Bürgerinitiative Hauptsmoorwald an 4 Orten in Bamberg Temperaturmessungen durchgeführt um auf die Bedeutung des Erhalts städtischer Grün- und Waldflächen hinzuweisen.
Dabei konnte sich die BI professionelle Temperaturmessgeräte, sogenannte Aßmann’sche Aspirationspsychrometer von der Uni Bayreuth ausleihen. Auch wurde die BI fachlich von den Klimatologen Dr. Lüers von der Uni Bayreuth und von Prof. Dr. Foken begleitet.
Gemessen wurde 24 h lang stündlich vom 26.6. um 12 Uhr bis zum 27.6. um 12 Uhr an folgenden Standorten: Am Maxplatz, im Hain (beim Bootshaus), bei der AOK (Pödeldorfer Straße) und im Hauptsmoorwald (200 m im Wald in der Verlängerung der Moosstraße). Als Referenz für offene ländliche Standorte diente die Wetterstation Bamberg in der Südflur. Diese gibt die Temperaturwerte an, die weitgehend unbeeinflusst von der Stadt sind.
Dabei zeigte sich, dass die Temperaturen auf dem Maxplatz und am Standort AOK sehr ähnlich sind, während an den anderen Messstellen die Werte im Schnitt etwa zwei Grad darunter lagen. An den Messtagen wehte immer etwas Wind, so dass die Differenzen bei windarmen Verhältnissen noch deutlich größer Ausfallen können.
Aus den Ergebnissen der Messung geht hervor, dass die Temperaturdifferenz innerhalb der Stadt zu bestimmten Tageszeiten über fünf Grad Celsius betragen kann.
Besonders deutlich ist der Unterschied in den Abendstunden bis Mitternacht. Sowohl am Maxplatz als auch am Standort AOK wurden um 22 Uhr noch satte 31 Grad gemessen und um 24 Uhr immer noch 27 Grad. In vielen Wohnungen ist bei diesen Temperaturen an Schlafen nicht mehr zu denken. Der Unterschied zu der Bamberger Wetterstation in der Südflur beträgt in den Abendstunden bis zu 7 Grad (!) und gegenüber dem Hauptsmoorwald oder dem Bootshaus 4 bis 5 Grad. Die Temperaturen der verschiedenen Messtellen gleichen sich erst wieder am Morgen gegen 7 Uhr an.
Im Hauptsmoorwald ist es ständig etwa 3-4 °C kühler als in der Innenstadt und damit am Tag auch noch kühler als an der Wetterstation Bamberg. Dies erklärt sich durch das besondere ausgeglichene Waldklima.
Der Klimaforscher Prof. Foken ergänzt: "Die Temperaturunterschiede an den einzelnen Standorten sind in der Messung gut nachzuvollziehen und zeigen die typische Bildung von Hitzeinseln in den Innenstädten. Hinzu kommt, dass die gemessene Lufttemperatur oft nicht dem Wärmeempfinden des Menschen entspricht. Wird die Sonneneinstrahlung von hellem Untergrund oder Hauswänden absorbiert, empfindet man die Situation, beispielsweise am Maxplatz, als noch heißer, als sie ohnehin schon ist." Am Maxplatz selbst wurde mit 36,8 Grad auch die Spitzentemperatur der 24-stündigen Messung registriert.
Die Daten zeigen darüber hinaus, dass kaum ein Unterschied zwischen den Temperaturen in der Innenstadt und dem relativ dicht bebauten Bamberger Osten besteht. Deshalb sei die Frischluftzufuhr des direkt angrenzenden und großflächigen Hauptsmoorwaldes so wichtig. Durch die Bebauung der Muna hätte sich nach einem Wetterdienst-Gutachten und den Einschätzungen von Prof. Foken der Kaltluftvolumenfluss des Bamberger Ostens um ca. ein Drittel reduziert. Die Initiative will mit der Messung auf die Wichtigkeit des Erhalts von Kältezonen in der Stadt hinweisen. Der Initiator der Aktion, Jonas Glüsenkamp, betont als Mitglied der BI: "In den letzten Tagen haben viele Menschen gespürt, welchen Unterschied Temperaturdifferenzen von fünf Grad Celsius in der Nacht im Hinblick auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität ausmachen. Wir müssen in Bamberg dafür kämpfen, die wenigen Grünflächen zu bewahren und durch zusätzliches Stadtgrün zu erweitern."
Die Zahl der Hitzetage mit über 30 Grad stieg in den letzten Jahrzehnten in Bamberg kontinuierlich, von im Schnitt ca. 5 Hitzetagen in den 60er Jahren, auf durchschnittlich um die 20 Hitzetage in den letzten Jahren an, Tendenz stark steigend. Die absoluten Spitzenwerte dieser Statistik liegen bei 30 Hitzetagen im Jahr 2003, bei 31 Hitzetagen im Jahr 2015 und bei 34 Hitzetagen im Jahr 2018. Im Jahr 2019 gab es bereits bis zum 27.6. 9 Hitzetage. Eine so hohe Zahl ist für den Juni sehr ungewöhnlich.
Erich Spranger, 2. Vorsitzender des BN und auch in der BI aktiv, weist auf die dramatischen Folgen des Klimawandels nicht nur im Hinblick auf die stark steigende Zahl der Hitzetage hin: „Aufgrund von Trockenheit und Wärme beginnen im Landkreis die Kiefern abzusterben. Im Bamberger Hain sind sogar bereits eine ganze Reihe älterer Buchen verdörrt." Spranger ist verzweifelt: „Außer Ankündigungen für die ferne Zukunft passiert leider in der großen Politik in Sachen Klimaschutz nichts. Und in der Lokalpolitik trauern einzelne Stadträte immer noch der Gewerbegebietsplanung im Hauptsmoorwald nach, bei der über 50 ha Wald gerodet worden wären." Spranger appelliert: „Wir brauchen dringend einen Politikwechsel, global und lokal."
Jonas Glüsenkamp/Erich Spranger